Oh, wie schön ist die Servicewüste Berlin

Baum in namibischer Wüste

Gestern am Currywurst-Stand in Berlin-Wilmersdorf: „Nächster!“, dann „Der Nächste!“und dann wieder „Nächster“ – und zwar im ZackZack-Ton.

Bitte?

Nö, ein „bitte“ war nicht zu hören. Keine Zeit für diese zwei Silben, es soll ja schnell gehen.

Na gut, verbuchen wir das mal unter „schroff, aber nicht bös‘ gemeint“ – so ist der Ur-Berliner halt.

In guter Erinnerung habe ich ein anderes Erlebnis aus dem Imbiss-Bereich. Vor Jahren habe ich mal in meinem bestem Ruhrpott-Slang geordert: „‚ein Pommes mit Mayo hätt ich gern“ – und bekam wortlos ein Pappschälchen mit einem einzelnen Pommes-Frites-Stück samt Mayo vor die Nase gehalten. Klasse, wenn der Berliner zum hochdeutschen Sprachgebrauch erziehen will :-). Humor hamse, die Berliner.

Pampig, zackig, raubeinig

Unvergessen auch die Freundlichkeitstrainings, denen die Mitarbeiter der BVG (Öffentlicher Nahverkehr) vor vielen Jahren unterzogen wurden. Damals waren am U-Bahnsteig noch Ansager unterwegs, die die baldige Abfahrt eines Zuges mit einem „Zurückbleiben“ (von der Bahnsteigkante) ankündigten. Der BVGler machte daraus gerne ein kurzes, raubeinig geschmettertes „Zurücke!“. Zum vom Senat finanzierten Training gehörte, dass daraus künftig „Zurückbleiben bitte“ werden sollte. Die Anweisung wurde anfangs auch brav befolgt (weil Freundlichkeitskontrollen vorgesehen waren). Allerdings gab es das oft mit einem sarkastischen Unterton zu hören – das „bitte“ wurde sozusagen mit spitzen Fingern in Gänsefüßchen gesetzt. Tja – antrainierte Worte allein bringen’s auch nicht. Letztlich macht der Ton die Musik 🙂

Berlin ist bekannt für pampigen Service – mal mit Herz, mal fast nur mit Schnauze –  zumindest wenn es um eher niedrigpreisigen Alltagsbedarf geht.

So ein ZackZack-Erlebnis wie oben lässt sich leicht  abhaken. Oder sogar mit Verständnis erklären: Ist sicher ein harter Job, den ganzen Tag da in ’ner Wurstbude arbeiten. In der Summe kann schlechter Service – der ja nicht nur aus Unfreundlichkeit, sondern auch mangelhafte Transparenz, Unverbindlichkeit und sogar Irreführung beinhalten kann – einem den Tag schon mal versäuern.

Warum eigentlich?

Warum stört uns schlechter Service?

Wenn ich bei meinem Telefondienstleister O2 zum xten Mal die Rechnung nicht einwandfrei geklärt bekomme – wenn mir beim Internet-Dienst ein Anti-Virus-Programm mitverkauft wird, das ich nie bestellt habe – wenn das Fitness-Studio stillschweigend den Vertrag verlängert und erst mehrfacher Widerspruch dagegen etwas bewirkt – wenn Call-Center-Mitarbeiter ihre Lektion „erst einmal verständnisvoll auf Kritik reagieren“ nicht gelernt haben – dann fühlt sich der Kunde ausgenutzt.

Niemand will das Gefühl haben, solange Freundlichkeit und Interesse vorgeheuchelt zu bekommen bis das Geld den Besitzer gewechselt hat. Wir wollen als Mensch – nicht als Geldmaschine – behandelt werden.

Man ist menschlich enttäuscht, nicht mit Respekt und Wertschätzung behandelt zu werden. Mal abgesehen vom Schaden, den schlechter Service real, z. B. in der Geldbörse, hinterlassen kann.

Aber ich denke, es ist vor allem die fehlende menschliche Wertschätzung – deshalb kann uns schlechter Service so auf die Palme bringen.

Oder steckt noch etwas anderes dahinter? Was meinen Sie, warum ärgert uns schlechter Service?

 

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